Ein Nachruf auf die Musterung

Ein Nachruf auf die Musterung

Auch wenn zusammen mit der Wehrpflicht auch die Musterungen ausgesetzt worden sind: vollständig abgeschafft sind sie noch nicht. Eine Änderung der politischen Großwetterlage kann jederzeit wieder dazu führen, dass Wehrpflichtige gebraucht werden und dass sich dann wieder junge Männer unbekleidet, zum Teil von weiblichem Untersuchungspersonal, an ihren Genitalien untersuchen lassen müssen – eine Untersuchung, die weiblichen Anwärtern auf die Soldatenlaufbahn übrigens erspart bleibt.

(Gastbeitrtag auf Manndat)

Die gezielte Entwürdigung junger Wehrpflichtiger vor dem anderen Geschlecht

Hintergrund

Seit den sechziger Jahren wurde im Rahmen der „Gleichstellung“ von Frauen und Männern auch weibliches Personal zu den Männerzwangsuntersuchungen im Rahmen der Musterungen potenzieller Wehrpflichtiger zugelassen. Zu den Ärztinnen gesellte sich weibliche Assistenz, ob ausgebildete Arzthelferin oder weibliche Aushilfen, die mal eben in der Zeit zwischen Abitur und Studium ihre Kasse aufbessern wollten, sie alle durften jetzt an der Männerfleischbeschau teilnehmen. Junge Frauen, die frisch vom Abi oder nach der kaufmännischen Lehre zur Bundeswehr gingen und nach einer kurzen Grundausbildung als Sanitätssoldatin gleich zugweise gleichaltrige nackte Jungs vorgeführt bekamen. Frauen, die mit zwanzig Lebensjahren auf dem Höhepunkt der sexuellen Aktivität stehen, laut dem parlamentarischen Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Herrn Kossendey, jedoch ganz offensichtlich (geschlechts-) neutrale Amtspersonen sind! (siehehttp://www.abgeordnetenwatch.de/thomas_kossendey-575-37729–f263465.html#q263465)

Bei der Musterung und der Dienstantrittsuntersuchung von Wehrpflichtigen handelte es sich um eine staatlich erzwungene Untersuchung. Gemäß Artikel 12 a des GG müssen sie sich dieser Untersuchung fügen, wobei etwa die Artikel 2, 3 und 12 für Männer außer Kraft gesetzt werden[1]. Nicht jedoch ihre Grundrechte gemäß Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, diese gelten in jedem Fall!

Für solche schamverletzenden Untersuchungen gibt es überall sonst zudem besondere Regeln, festgehalten etwa im § 81d der Strafprozessordnung oder der ärztlich-ethischen Leitlinie zur körperlichen und neurologischen Untersuchung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Bei Bewerberinnen und Soldatinnen gelten bei der Bundeswehr im Übrigen ganz strikt genau solche Regeln.

Stationen

Im Rahmen der Musterungsuntersuchungen gemäß ZDv 46/1 wurden Wehrpflichtige, aber auch freiwillige Bewerberinnen und Bewerber sowie Soldatinnen und Soldaten untersucht. Zu den wichtigsten Untersuchungsobjekten gehört gemäß dieser Dienstvorschrift das männliche Genital. Hier muss zwingend einmal im Jahr Hand angelegt werden. Diese staatliche “Fürsorglichkeit” bei Männern (auch scherzhaft „EKG“ – Eierkontrollgriff – genannt ) mutet um so seltsamer an, als bei Frauen (gemäß der ZDv 46/1) eine Genitaluntersuchung ausdrücklich ausgeschlossen wird. Im Grunde sollte daher wohl jedem die Symbolik klar sein, die diesem bereits von Napoleon eingeführten Ritual offensichtlich noch immer innewohnt.

War diese entwürdigende Untersuchung seit Jahrhunderten ein reines Männerritual, das auch die (männlichen) Untersuchenden über sich ergehen lassen mussten, so hat sich dies durch die „Emanzipation“ deutlich geändert. Das männliche Untersuchungspersonal, Ärzte und assistierende Wehrpflichtige, wurde immer mehr durch weibliches Personal ersetzt. Hier hat sich seit den frühen neunziger Jahren eine wahre Arbeitsbeschaffungsmaßnahme speziell für Frauen etabliert. In den Kreiswehrersatzämtern (KWEA) arbeitete zum Ende der zwangsweisen Musterungen zu etwa 70 bis 80 Prozent weibliches Personal, in den Kasernen hat das sogenannte SGleiG (Soldaten-Gleichstellungsgesetz) ein Übriges getan.

Auch die Akkuratesse der Genitaluntersuchung hat sich bei Ausführung durch Ärztinnen verstärkt. Haben die Ärzte zumeist nur die Hoden und die Bruchpforten abgetastet, so ist für die Damen häufig auch noch das Zurückziehen der Vorhaut und das Begutachten der Eichel besonders wichtig. Was sich hingegen leider nicht verstärkt hat, ist die Berücksichtigung der Befindlichkeit der jungen Männer, sonst würde man ihnen, wie den Frauen, einfach die Möglichkeit einräumen, diese Untersuchung (unter Berücksichtigung ihres Schamgefühls) bei einem Arzt ihrer Wahl vornehmen zu lassen.

Die ersten Berichte über Nacktvorführungen vor Frauen im Rahmen der Musterungs- und Einberufungsuntersuchungen gibt es ab etwa Ende des letzten Jahrtausends. Im Juni 2004 erscheint der Abschlussbericht der Pilotstudie „Gewalt gegen Männer in Deutschland“ im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die Studie scheint lediglich eine Alibifunktion zu besitzen, denn letzten Endes haben die Ergebnisse wohl niemanden wirklich interessiert. Die Erstellung einer repräsentativen Studie zu Gewalt gegen Männer, die eigentlich zwingend auf diese Pilotstudie hätte folgen müssen, wird bis heute abgelehnt. Auf Seite 171 der Pilotstudie wird direkt auf die Musterung der Wehrpflichtigen eingegangen, und sie wird als ein wenig unangenehm bis demütigend beschrieben. Ein Mann wird zitiert, dass er die Präsentation seiner Genitalien vor einer Frau als demütigend empfand.

Im Jahr 2007 wird von der Abgeordneten Gisela Piltz (FDP) eine entsprechende Frage an die Bundesregierung gestellt, Drucksache 16/5684 Seite 26, die von Herrn Kossendey (CDU), einem der Hauptverantwortlichen für diese Untersuchungsmethoden, beantwortet wird.

Ebenfalls im Jahr 2007 gibt es eine Petition an den Petitionsausschuss des Bundestages, in der gefordert wird, die Wehrpflichtigen über diese Untersuchung und die weiblichen Beisitzer im Anschreiben zu informieren und auf die Möglichkeit des Facharztbesuchs der eigenen Wahl hinzuweisen. Reaktion gleich Null.

Im Dezember 2008 wird von der Bundestagsfraktion Die Linke eine Anfrage (Drucksache 16/11134) über Wehrpflicht und Musterungspraxis gestellt. Hier wird auch nach der unterschiedlichen Untersuchungspraxis von Frauen und Männern gefragt. In ihrer Antwort erkennt die Bundesregierung an, dass Frauen und Männer eine unterschiedliche Anatomie aufweisen. Die sonst als „gleich“ geltenden Geschlechter werden vom Staat plötzlich nun doch als „im wesentlichen ungleich“ angesehen. Aus diesem Grund werden Frauen dann auch ausdrücklich schriftlich vorab darauf hingewiesen, Untersuchungen im Genitalbereich vorab bei zivilen Fachärztinnen ihrer Wahl zu machen.

Die Antwort zeigt, dass Wehrpflichtige ebenfalls die Möglichkeit haben, die Genitaluntersuchung von zivilen Fachärzten ihrer Wahl durchführen zu lassen. Allerdings wird geflissentlich verschwiegen, dass die Männer, im Gegensatz zu den Frauen, zu keinem Zeitpunkt, weder im Anschreiben, noch vor oder während der Untersuchung selber, darüber informiert werden. Männliche Offiziersbewerber hingegen bekommen mittlerweile im Anschreiben vom OPZ (Offizierbewerberprüfzentrale) eine solche Information und das, obwohl bei ihnen, wie bei Frauen, höchstens eine gleichgeschlechtliche Assistenz anwesend ist! Eventuell hat es ja auch mit dem Standort Köln (OPZ) zu tun, dass im KWEA Köln (jedenfalls wohl 2007/2008) ein dezenter Hinweis auf die Möglichkeit der Verweigerung der Intimuntersuchung in Form eines Aushanges zu finden war und die untersuchenden Ärztinnen diese Möglichkeit auch während der Untersuchung erwähnten.

Im September 2009 stellt die Abgeordnete der GRÜNEN Lazar eine Frage (Drucksache 16/14064) nach der Notwendigkeit der Genitaluntersuchung bei der Musterung. Herr Kossendey gibt in seiner Antwort an, dass diese Untersuchung auch dem gesundheitlichen Wohl des Untersuchten dient. Dies ist zwar grundsätzlich nicht falsch, seltsamerweise ist der Bundesregierung außerhalb dieser einmaligen Zwangsuntersuchung die Gesundheit junger Männer aber ziemlich egal. Es gibt für diese Personengruppe keine jährliche kostenlose Krebsvorsorge (speziell in Bezug auf den in dieser Altersklasse häufiger vorkommenden Hodenkrebs), während junge Frauen ab 20 Jahren Anspruch auf eine Vorsorgeuntersuchung auf Gebärmutterhalskrebs haben.

Im November 2009 wurde auf der Tagung der leitenden Musterungsärzte der Sanitätsakademie der BW in München von Herrn Rymus die mündliche Anweisung erteilt, die Männer grundsätzlich ohne Sichtschutz vor der (weiblichen) Assistenz zu untersuchen. Im Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2009 (Drucksache 17/900 vom 16. März 2010) werden unter Punkt 10 auf Seite 46 erstmals Beschwerden über diese Untersuchungsmethoden erwähnt. Ansonsten ist der Wehrbeauftragte aber wesentlich mehr damit beschäftigt, diverse angebliche oder tatsächliche Diskriminierungen von Frauen aufzuzählen.

Im Februar 2010 erscheint das Buch „Musterung, staatlich legitimierte Perversion“ des Schriftstellers und Aktivisten Lars G. Petersson („Deserters“/“Faneflugt“) in London, während sich zeitgleich in Deutschland unter Peterssons Führung die BASTA-Initiative (www.musterung.us) gegen die Entwürdigung junger Männer bei der Musterung bildet. Das Buch enthält viele sorgfältig recherchierte Tatsachenberichte. Auf Seite 242 wird etwa von einer Musterung wie folgt berichtet: „Ein junger Mann steht während der Genitaluntersuchung ohne Sichtschutz und im Sichtfeld der Arzthelferin. Die Ärztin manipuliert derart im Genitalbereich, bis der Wehrpflichtige mit hochrotem Kopf entblößt mitten im Raum steht, da sich eine Erektion gebildet hat. Ein hinzu gerufener Arzt betritt in diesem Moment den Raum und erklärt der Medizinerin(!), dass es im erigierten Zustand des Gliedes völlig normal ist, dass die Hoden höher in der Nähe der Leistenkanäle liegen.“

Dieser Fall wurde Herrn Petersson nur bekannt, weil es eine entsprechende Beschwerde an eine staatliche Institution gab. Die Folgen für die Ärztin? Selbstverständlich keine und auch keine Änderung der Anweisungen für die Untersuchungspraxis.

Im Januar 2010 wurde im KWEA Düsseldorf ein junger Mann von einer Ärztin ohne Sichtschutz direkt vor den Augen der Assistentin untersucht. Während der Genitaluntersuchung kam zudem noch eine weitere Dame in den Raum, die irgendwelche Akten transportierte. BASTA erfährt von dem Fall, da die damals vollkommen entsetzte Mutter des Jungen im Sommer der BASTA-Initiative davon berichtete. Nach ihren Aussagen hatte der Junge tagelang nach dieser Aktion ein ganz anderes Verhalten als sonst. Wir haben ihr geraten, sie solle ihm unbedingt sagen, dass er sich beschweren solle. Daraufhin hat er außerordentlich aggressiv reagiert und wollte von dem ganzen Thema nichts mehr wissen. Es ist deutlich erkennbar, dass der junge Mann hier traumatisiert wurde, genau wie wohl der im Buch (s.o.) erwähnte junge Mann auch. Werden diese Leute sich je beschweren? Eventuell in ein paar Jahren. So ist es auch zu erklären, dass die Beschwerden beim Wehrbeauftragen wohl mehrheitlich von Männern stammen, deren Musterung schon eine Weile zurück liegt.

Im Frühsommer 2010 bringt RTL in Zusammenarbeit mit dem BMVg eine Reportage mit dem Titel: „Mythos Musterung“. Der Beitrag wird in Köln gedreht und begleitet einen jungen Mann, der zum Bund will, seine Mutter arbeitet ja auch für den Bund, während seiner Musterung. Die ärztliche Untersuchung wird komplett NUR hinter einer Trennwand gezeigt, also auch der Teil, der eigentlich immer in Shorts und Socken vor den Augen der Assistenz abläuft. Die Genital- und Analuntersuchung wird mit Aussagen des männlichen Arztes begleitet, die Assistentin hinter dem Sichtschutz schreibt eifrig mit. So also KÖNNTE es auch gehen. Genau so steht es eigentlich auch in der ZDv 46/1, die Assistenz schreibt nach ärztlichem Diktat! Eine Begutachtung des halbnackten oder gar vollkommen entblößten Wehrpflichtigen durch die Assistenz ist demnach überhaupt nicht notwendig und vorgesehen! Wieso wird dann in der Praxis hier ganz anders gehandelt? Es geht um die gezielte Entwürdigung, um den Mann zu einem gehorsamen Soldaten zu machen, ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit. Nur war das früher eben ein reines Männerritual.

Die BASTA-Initiative hat die zuständige Redakteurin Frau Steger über die falschen Darstellungen in dem Propaganda-Film aufgeklärt, natürlich ohne Reaktion.

Die Praxis

Die BASTA-Initiative war auch nach dem Erscheinen des Buches vor Ort, so am Donnerstag den 19. August 2010 vor dem KWEA Düsseldorf, und befragte die jungen Männer, die aus dem Gebäude heraus kamen. Die meisten waren von einem Arzt mit Sichtschutz intim untersucht worden. Einer hatte nackt alleine vor einer Ärztin gestanden, ohne Assistentin im Raum. Einen weiteren jungen Mann hatte es jedoch schon gestört, dass er nur in Unterhose und Socken bekleidet von dem Arzt untersucht wurde, während die Assistentin von hinten zusah.

Ein als voll verwendungsfähig (T1) gemusterter junger Mann war sehr verärgert, weil er vor einer etwas älteren Ärztin und der deutlich jüngeren Assistentin mitten im Raum nackt dastehen musste. Da er sowieso nachträglich verweigern wollte, zog er auch eine Beschwerde über diese Behandlung in Erwägung. Zwei weitere, als „beschränkt verwendungsfähig“ (T2) gemusterte, Männer hatten sich an diesem Umstand nicht gestört bzw. kein Interesse daran, sich zu beschweren. Einer der Beiden wollte jedoch unbedingt zum Bund und erwähnte seinerseits auch noch, dass in dem Raum ein Paravent vorhanden war, jedoch wohl nur als Staubfänger an der Wand stand. Interessant war die Aussage eines Ausgemusterten, der von Bekannten berichtete, die ebenfalls von der Ärztin untersucht wurden und die Intimuntersuchung verweigern wollten. Die Dame wurde daraufhin sehr giftig und setzte die jungen Männer massiv unter Druck.

BASTA weiß auch von weiteren Nacktvorführungen in 2010, jedoch zumeist von männlichen Ärzten vor weiblicher Assistenz, in Cottbus, Dresden, Rostock und Schwerin. Dann ist da aber auch das KWEA Magdeburg. Hier wurden die Jungs tatsächlich vorab gefragt, ob sie die Genitaluntersuchung lieber von einer Ärztin oder von einem Arzt machen lassen wollen, selbstverständlich dann hinter einem Sichtschutz. Es geht also doch!

In Berlin hat man diesen Sichtschutz dagegen wohl vollständig abgeschafft. Allerdings sind die Räume hier auch recht groß, so dass die Zuschauerinnen schon ein paar Meter weg sitzen. BASTA hat auch hier mal einen halben Tag lang vor dem Kreiswehrersatzamt gestanden und die jungen Männer befragt. Es gab männliche Ärzte mit männlicher Assistenz, männliche Ärzte mit weiblicher Assistenz und Ärztinnen mit natürlich auch weiblicher Assistenz, alles ohne Sichtschutz. In Berlin hatte es aber angeblich nur drei der rund dreißig Befragten (etwa zwei Drittel hatten weibliche Zuschauer) gestört, dass da Frauen zusehen, einen Befragten hätte es gestört, der hatte aber den Arzt mit männlicher Assistenz. BASTA hat die Fragetaktik jedoch angepasst und direkt gefragt, ob die Assistentinnen denn auch geschaut haben. Und auf einmal konnte das keiner der sich eben noch als vollkommen locker gebenden Jungs beantworten. Es wird wohl den meisten Männern doch unangenehmer sein, als sie zugeben wollen.

BASTA hat auch sporadisch vor Kasernen Befragungen durchgeführt. Demnach konnten 2010 keine Nacktvorführungen vor Sanitätssoldatinnen mehr festgestellt werden. Bei untersuchenden Ärztinnen war jedoch auch immer weibliche Assistenz dabei, nur brauchten die Männer dann lediglich den Oberkörper frei zu machen. Bemerkenswert war hier jedoch, dass drei Befragte mit deutlichem Migrationshintergrund 2009 in Berlin gemustert wurden, jedoch nur von einem männlichen Arzt ohne Assistenz. Wurden hier also tatsächlich Unterschiede gemacht und nur die deutschstämmigen Jungs nackt vorgeführt?

In den KWEÄ kam noch ein ganz entscheidender Faktor hinzu. Die Männer waren in jedem Fall auf den guten Willen der Ärzte angewiesen, die Mehrzahl, weil sie hofften, ausgemustert zu werden, die Übrigen, weil sie unbedingt zum Bund wollten. Also wurde den Anweisungen der Ärztinnen zumeist bedingungslos Folge geleistet. Sogar wenn sie wussten, dass sie sich eigentlich nicht nackt zu zeigen brauchten.

Auch nach Aussetzung der Wehrpflicht und den Zwangsuntersuchungen bei den Musterungen bleibt die Problematik der unterschiedlichen Behandlung von weiblichen und männlichen Soldaten bestehen. Bei aktiven männlichen Soldaten wird weiterhin das Genital gemäß Dienstvorschrift auch von Nicht-Fachärztinnen untersucht, Frauen gehen zur zivilen Frauenärztin des Vertrauens, da die Bundeswehr trotz gesetzlicher Frauenquote und allgemein vollständiger medizinischer Eigenversorgung über keine eigenen gynäkologischen Fachärzte verfügt.

Die BASTA-Initiative wird sich mit diesem Thema weiter beschäftigen, auch wenn die Musterungen im Rahmen der Aussetzung der Wehrpflicht dauerhaft eingestellt werden sollten. Eine Aufarbeitung dieser Vorgänge wird dadurch hoffentlich leichter möglich sein. Es wird höchste Zeit, dass auch sexuelle Belästigungen von Jungen und Männern in der Öffentlichkeit bekannt und vor allem deutlich als solche wahrgenommen werden. Erst dann wird man auch der männlichen Bevölkerung denselben Schutz der Intimsphäre zugestehen, wie es bei Mädchen und Frauen schon immer der Fall war. Es steht jedoch zu befürchten, dass die notwendige Sensibilisierung noch viele Jahre dauern wird und die Geschlechtergerechtigkeit auch bei diesem Punkt vernachlässigt wird.

Was Politikerinnen und Politiker auf entsprechende Fragen antworten, kann man hier nachlesen:http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_angelika_niebler-901-22756–f293476.html#q293476

Forderungen

Daher fordert die BASTA-Initiative in ihrer Stellungnahme vom 14.3.2011:

Zum Schutz der Würde der Freiwilligen sowie Zeit- und Berufssoldaten bei den medizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen:

 

  • Schluss mit den Intimuntersuchungen bei den Musterungs- und Tauglichkeitsunter-suchungen generell.
  • Nur bei Auffälligkeiten im Genital- oder Analbereich nach erfolgter Anamnese soll eine fachärztliche Untersuchung zur Abklärung veranlasst werden, die dann von einem Arzt oder einer Ärztin der eigenen Wahl durchgeführt wird, so wie dies heute schon bei weiblichen Bewerbern bei den Genitaluntersuchungen Praxis ist.
  • Bei der Personalplanung der betroffenen Institutionen ist darauf zu achten, dass dem überwiegend männlichen Anteil der zu Untersuchenden Rechnung getragen und eine entsprechende Quote männlicher Ärzte und Assistenzkräfte bereitgestellt wird, die es ermöglicht, auch bei anderen Untersuchungen und Behandlungen einen gewissen Schutz der männlichen Intimsphäre zu gewährleisten.